Startseite zum Kontaktformular Telefon Icon Facebook Icon Instagram Icon Youtube zum Menü
Im Naturpark Südschwarzwald © Peter Mesenholl
Logo Facebook Logo Instagram Logo Youtube
> Übersicht > Naturpark-Arbeitsgruppe Landwirtschaft auf Exkursion: Wie kann Herdenschutz im Südschwarzwald umgesetzt werden?


Naturpark-Arbeitsgruppe Landwirtschaft auf Exkursion: Wie kann Herdenschutz im Südschwarzwald umgesetzt werden?

Feldberg/Todtnau – Auf großes Interesse stieß eine von der Naturpark-Arbeitsgruppe Landwirtschaft initiierte Exkursion zum Thema Herdenschutz. Am 24. September 2020 nahmen unter Corona-Auflagen 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Begehung einer Zaunanlage an der Brandenberger Halde teil und diskutierten anschließend im Saal des Naturpark-Wirtes Gasthaus Hirschen in Todtnau-Brandenberg, welche Möglichkeiten es im Südschwarzwald gilt, Herden vor dem Wolf zu schützen.

Als im Sommer der erste residente Wolf im Südschwarzwald nachgewiesen wurde, hat das Umweltministerium den gesamten Schwarzwald als so genanntes „Fördergebiet Wolfsprävention“ ausgewiesen. Bereits 2018 kam es aufgrund der dauerhaften Anwesenheit eines Wolfes im Nordschwarzwald dort zur Ausweisung einer solchen Kulisse. Dadurch wird es Weidetierhaltern möglich, für Schutzmaßnahmen wie Zaunanlagen öffentliche Fördermittel zu erhalten.

Zu einer Fachexkursion traf sich am Donnerstag, 24. September 2020, die Arbeitsgruppe Landwirtschaft des Naturparks Südschwarzwald in Todtnau-Brandenberg. Ziel war die Besichtigung der Zaunanlage an der Brandenberger Halde, einer etwa 7 Hektar großen Steilhangfläche, die mit Ziegen beweidet wird. Zu Beginn erläuterten der Weidewart Willi Beckert und Georg Dutschke von der Stadt Todtnau die Geschichte der Fläche, die seit vielen Jahren ehrenamtlich durch den Naturpflegeverein Brandenberg-Fahl e. V. gepflegt und offengehalten wird. Sie hat einen hohen ökologischen Wert.

Es konnte erreicht werden, dass in diesem Jahr von einer Fachfirma ein neuer Zaun installiert wurde. Voraussetzung für eine Förderung des Zaunbaus war die wolfsabweisende Ausführung. Anhand des neuen Zauns konnte gezeigt werden, welche baulichen Herausforderungen sich an ein solches Zaunsystem in bewegtem und sehr steilem Gelände stellen.
Praktische Hinweise zu den Voraussetzungen, die ein wolfsabweisender Zaun erfüllen muss, gaben die Fachleute für Herdenschutz der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), Laura Huber-Eustachi und Frank Lamprecht: „Das Thema Herdenschutz ist eine komplexe Angelegenheit, bei der viele individuelle Aspekte berücksichtigt werden müssen“, so Lamprecht. Denn für jede Weidefläche und die jeweilige Tierart gibt es andere Bedarfe, und je nach Lage und Situation sind unterschiedliche Zaunsysteme oder andere Maßnahmen des Herdenschutzes sinnvoll.

Derzeit ist der Zaun an der Brandenberger Halde noch nicht durchgehend wolfsabweisend ausgeführt, eine zusätzliche obere Litze ist aber vorgesehen und lässt sich leicht anbringen. In der Exkursionsgruppe war man sich einig, dass, je effektiver die wolfsabweisende Wirkung eines Zauns ist, er umso stärker als Barriere für andere Wildtiere wirkt. Eine besondere Herausforderung ist die Unterhaltung des Zauns, insbesondere die Gewährleistung einer ausreichenden Stromspannung, die eine vergrämende Wirkung auf Wölfe haben soll. Deshalb muss der Zaun regelmäßig von Vegetation freigehalten werden. Eine finanzielle Unterstützung der Zaununterhaltung wird derzeit auf Ministeriumsebene diskutiert. Volker Erb von der Unteren Landwirtschaftsbehörde des Landkreises Lörrach gab einen Überblick über die Fördermöglichkeiten zum Herdenschutz und über Entschädigungszahlungen im Falle von Wolfsrissen an Nutztieren im Fördergebiet Wolfsprävention.

Bei der anschließenden Diskussion im Gasthaus Hirschen in Brandenberg wurden die Positionen ausgetauscht. So kamen unter anderem Vertreter des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV), erster Vizepräsident Bernhard Bolkart, der Höheren Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Freiburg, Joshua Petelka, und der Hochschwarzwald Tourismus GmbH, Volker Haselbacher, zu Wort. Dabei wurde deutlich, dass die Sorgen der Landwirtschaft bzgl. des Wolfes trotz der Fördermöglichkeiten nach wie vor groß sind. Rechtlich ist die Bejagung oder auch die Ausweisung von wolfsfreien Gebieten aber nicht möglich, da die Tierart unter europäischem und nationalem Schutz steht. Es wird befürchten, dass die Nutztierhaltung im Schwarzwald in Zukunft weiter abnehmen wird. Diesen Trend gibt es bereits unabhängig vom Wolf, er könnte mit dessen Rückkehr aber verstärkt werden. Mit dem Rückgang der Weidetierhaltung ist eine Veränderung der typischen Schwarzwaldlandschaft zu erwarten, weil bisher vor allem auf diese Weise die Landschaftsoffenhaltung gewährleistet wird.

Hintergrundinformationen:
Die Naturpark-Arbeitsgruppe Landwirtschaft ist eine von aktuell vier Facharbeitsgruppen im Naturpark Südschwarzwald. Sie besteht aus ca. 20 ehrenamtlichen aktiven Landwirtinnen und Landwirten sowie VertreterInnen von Fachbehörden, vor allem der Landwirtschaftsämter der Landkreise, und der Landschaftserhaltungsverbände. Sprecher der Arbeitsgruppe ist Rolf Hess, Sachgebietsleiter in der Unteren Landwirtschaftsbehörde des Landkreises Lörrach. Die Arbeitsgruppe Landwirtschaft bringt aktuelle Themen in die Arbeit des Naturparks ein und initiiert den Austausch mit anderen Interessengruppen.

Das Umweltministerium Baden-Württemberg hat im Juli 2020 das Fördergebiet Wolfsprävention Schwarzwald ausgewiesen. Es hat eine Größe von etwa 8.800 Quadratkilometern. Ab sofort gilt es, Schafe, Ziegen und landwirtschaftlich gehaltenes Gehegewild im gesamten Naturraum Schwarzwald mit einem wolfabweisenden Grundschutz zu sichern. Dabei werden vom Land beispielsweise bis zu 100 Prozent der Kosten zur Anschaffung von entsprechendem Material übernommen. Auch die mit dem Bau eines wolfsabweisenden Zauns verbundenen Arbeitskosten können zum Teil erstattet werden. Zunächst gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr, um die Weiden ausreichend vor einem Wolfsübergriff zu sichern. Bis zum Ablauf dieser Frist werden im neuen Bereich des Präventionsgebiets von einem Wolf verursachte Schäden oder Risse an Nutztieren also auch dann entschädigt, wenn ein wolfsabweisender Grundschutz nicht vorhanden war. Weitere Informationen finden sich auf der Website des Umweltministeriums:
https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/press e/pressemitteilung/pid/foerdergebiet-wolfspraevent ion-schwarzwald-offiziell-ausgewiesen-1/

Bildnachweise (© Naturpark Südschwarzwald):
Bild 1: Frank Lamprecht, Herdenschutzberater im Auftrag der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt, erläutert die Kriterien für einen wolfsabweisenden Zaun.
Bild 2: Ziegenherde des Naturpflegevereins Brandenberg-Fahl, eingesetzt zur Landschaftspflege auf der Brandenberger Halde.


mehr Informationen

Download einer Datei



veröffentlicht: Do, 08.10.2020
> Übersicht > Naturpark-Arbeitsgruppe Landwirtschaft auf Exkursion: Wie kann Herdenschutz im Südschwarzwald umgesetzt werden?
Sitemap | Impressum | Datenschutzerklärung